Freitag der 13.

Ich hetze die Straße entlang. Ich habe verschlafen und meinen Bus verpasst. Im Laufen schaue ich auf mein Handy, es ist 8:53 Uhr, ich bin also bereits zu spät für den Unterricht. Meine Augen wandern zum heutigen Datum, der 13. Dezember. Verdammt, es ist Freitag der 13. Ein ungutes Gefühl macht sich in meinem Magen breit. Ich schiebe es beiseite. „Lächerlicher Aberglaube“, sage ich mir. Der Himmel ist mit düsteren Wolken bedeckt, durch die kein Sonnenstrahl dringt, und es weht ein kalter Wind, der mir erbarmungslos um die Ohren peitscht. Ich laufe noch etwas schneller. Als ich endlich meine Schule erreiche, reiße ich eilig die Eingangstür auf, um endlich der Kälte zu entkommen und in die einladende Wärme des Schulgebäudes flüchten zu können. Doch drinnen ist es nicht warm. Im Gegenteil, es ist sogar noch kälter als draußen. „Sicher sind nur die Heizungen ausgefallen“, denke ich mir. Ich drücke den eiskalten Griff der nächsten Tür herunter und lasse die Eingangshalle hinter mir. In den Fluren ist es ungewöhnlich still. Normalerweise trifft man selbst um diese Uhrzeit noch vereinzelt Schüler auf den Gängen an und hört Gemurmel aus den Klassenräumen. Doch jetzt ist es geradezu unheilvoll leise. Die Stille scheint mich zu erdrücken. Auch mein ungutes Bauchgefühl ist wieder da. Über mir flackert jetzt das Licht. Da muss ein Problem mit der Elektrik sein, versuche ich mich zu beruhigen. Ich beschleunige meine Schritte. Diese ganze Besorgnis ist total irrational, pure Einbildung. Gleich bist du schon in deinem Klassenraum. Alles ist gut, sage ich mir. Als die Tür zu meinem Klassenraum endlich in Sichtweite ist, sprinte ich schon fast. Nicht mehr weit, und diese ganze Seltsamkeit wird vorbei sein. Nicht mehr weit, und alles wird sich wieder normal anfühlen. Nicht mehr weit, und… Der Raum ist menschenleer. Die Fenster sind zerschmettert. Scharfe Glasscherben liegen überall verteilt und reflektieren das stach flackernde Licht der zerbrochenen Deckenlampe. Die Hälfte der Tische und Stühle sind verschwunden, die andere Hälfte umgestoßen. Panik ergreift mich. Ich drehe mich und will zur Tür herausrennen, als ein Geräusch mich erstarren lässt. Es ist dumpf und gleichmäßig. Schritte. Und sie kommen näher. Panisch sehe ich mich um, auf der Suche nach einem anderen Ausgang. Abgesehen von der Tür sind da nur noch die Fenster. Die Schritte werden lauter. Einen Sprung durch zersplittertes Glas aus dem fünften Stock würde ich ganz sicher nicht überleben. Die Schritte werden lauter. Verzweifelt kauere ich mich in eine Ecke. Die Schritte werden stetig lauter. Wie das Ticken einer Uhr, das mir anzeigt, wie lange ich noch zu leben habe. Mit jedem Schritt rückt mein Ende ein wenig näher, gleichzeitig viel zu schnell und viel zu langsam. Jede Sekunde dehnt sich ins Unendliche und verstärkt meine Angst vor meinem unausweichlichen Schicksal. Ich ertrage es nicht länger, presse mir die Hände auf die Ohren und schließe die Augen. Doch das Geräusch will einfach nicht verschwinden, es quält mich weiter und weiter. Ich wünsche mir, ich könnte entkommen. Dann hört das Geräusch abrupt auf. Zögerlich nehme ich die Hände von den Ohren, lausche für einige Sekunden. Stille. Vorsichtig öffne ich die Augen wieder und starre auf die leere Türöffnung. Kann ich vielleicht doch entkommen?, frage ich mich mit neuer Hoffnung. Im selben Moment taucht plötzlich eine riesige, schattenhafte Gestalt im Türrahmen auf. Mit einem Schrei wache ich auf. Gott sei Dank, es war nur ein Traum! Doch als ich auf meinem Handy nach der Uhrzeit schauen will, sehe ich, dass ich verschlafen habe. An einem Freitag den 13.

 

Isabella Schneider (9b)

 

Der verbotene Raum 

Es war ein kalter Herbstabend in den Ferien, als Hausmeister Willi einen Anruf von einem Nachbarn der Schule bekam. Er habe laute Schreie und gruselige Geräusche gehört. Willi machte sich auf den Weg. Er beeilte sich, obwohl er dachte, dass sich sowieso nur Jugendliche wieder einmal einen Streich erlauben. Als er an der Schule ankam, war es totenstill. Er zückte seine Taschenlampe und schloss auf. Die Tür öffnete sich fast wie von Geisterhand. Mitten in der riesigen Eingangshalle stand sein Kollege Uwe. Irgendwie verhält er sich merkwürdig, dachte Willi sofort. Uwe meinte kurz angebunden, dass er seinen Schlüssel vergessen habe. Daraufhin ging er ins Hausmeisterbüro. Willi merkte erst jetzt, dass es trotz der laufenden Heizung eiskalt war. Er knipste seine Taschenlampe an und ging in den Keller. Dort war die Heizung auf Stufe 5 gestellt. Im Keller ist es auch deutlich wärmer als oben, erkannte Willi mit einem Schrecken. Er war ja so schon etwas abergläubisch, aber jetzt bekam er langsam Panik. Im schwachen Schein der Lampe erkannte Willi eine Gestalt, die langsam auf ihn zu kam. Er nahm die Beine in die Hand und rannte um sein Leben. Oben angekommen brauchte er erst einmal eine Verschnaufpause. Seine Knie zitterten und sein Atem bebte. Er ging langsam und sich immer wieder umsehend in Richtung Ausgang, als er am „Verbotenen Raum“ vorbei ging. Der Raum war vor Jahren zugemauert worden, weil sich vor mehreren Jahren ein kleiner Junge dort erhängt hatte. Seitdem erzählte man sich der traurige Geist des Jungen spuke nachts in der Schule und suchte seines Gleichen. Willi blieb stehen. Er hatte Schritte gehört, aber nicht auf dem Flur, sondern hinter der zugemauerten Tür. Willi ging näher heran und hört ein leises Weinen, wie von einem kleinen Jungen. Er klopfte gegen die Wand und das Weinen verstummte. Jetzt war es wieder totenstill. Der Hausmeister dachte, er habe sich das alles nur eingebildet. Aber damit hatte er sich mächtig getäuscht. Er wollte gerade zurück in die Eingangshalle, als er einen seltsamen, kalten Nebel wahrnahm. Er bewegte sich langsam auf Willi zu. Aus dem Nebel drangen Stimmen an sein Ohr. Schaurige Stimmen. Sie flüsterten alle dasselbe: „Befrei uns, uns einsame Selen, befrei uns.“ Das war Willi zu viel und er rannte zurück auf den Parkplatz. In den nächsten Tagen verfolgten ihn die Stimmen aus dem Nabel immer noch und das merkwürdige Verhalten von Uwe ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Willi überlegte, was er tun könnte, um den ganzen Albtraum aus seinem Kopf zu verbannen und überlegte sich, die Wand vor dem Verbotenen Raum einzureißen. Damit dachte, könnte er die Geister freilassen und er hätte seine Ruhe. Also ging Willi an nächsten Abend entschlossen in die Schule. Das nötige Werkzeug hatte er in seinem Büro. Er schnappte seine bereits vorbereiteten Werkzeuge und ging mit einem unwohlen Gefühl in den Gang mit dem „Verbotenen Raum“. Was er nicht ahnen konnte, war, dass ihn hinter der Tür Albträume erwarten, die er sich in seinem Leben nicht hätte vorstellen können. Er machte sich also ans Werk. Währenddessen kam sein Kollege Uwe ins Schulgebäude. Er hatte geahnt, dass Willi versuchen würde in den Raum zu gelangen. Uwe versteckte sich hinter einer Ecke und beobachtete Willi, wie dieser fast die Wand durchbrochen hatte. Dahinter befanden sich mehrere Leichen, bei deren Anblick Willi kreide bleich wurde. Die Leichen hatte Uwe dort schon vor langem gefunden, aber niemandem davon erzählt, weil sie ein Geheimnis verbargen. Alle von ihnen saßen vor einer Tür. Diese führte dank einer Treppe tief in den Boden. Am Ende dieser Treppe befand sich ein großer Raum gefüllt mit vielen Schätzen. Willi ging die Treppe hinunter und konnte seinen Augen nicht trauen. Uwe der bis zum Schluss oben gewartet hatte und natürlich von dem Schatz wusste, wollte ihn auch nicht teilen. Er schlich unbemerkt an die Tür und verschloss sie sorgfältig. Willi hörte die Tür, die ins Schloss viel und wie jemanden der den Schlüssel, der im Schloss gesteckt hatte, umdrehte. Ihm lief es kalt über den Rücken und er rannte die Treppe hinauf. Verzweifelt hämmerte er gegen die Tür, aber niemand hörte ihn, außer Uwe. Und dem war das egal. Uwe war schnell zum Hausmeisterbüro gelaufen und hatte Zement und neue Farbe geholt. Jetzt machte er sich langsam daran die Tür wieder zu verschließen. Am nächsten Morgen fehlte jede Spur von Willi und er wurde auch nie gefunden.

 

Drei Uhr siebenundzwanzig 

Ich wache auf. Die Uhr neben meinem Bett zeigt drei Uhr siebenundzwanzig. Ich schließe meine Augen, doch ich kann nicht schlafen. Irgendetwas ist anders. Die Luft riecht anders. Das Licht fällt anders durch meine Fenster. Es ist völlig still. Es ist zu still. Meine Augen malen Gestalten in den leeren Raum – solange, bis ich endlich einschlafe. Ich wache erneut auf. Genau drei Stunden später. Genau drei Stunden nachdem ich zum ersten Male dieses Gefühl gespürt habe. Ich kann es nicht beschreiben. Ich kann es nicht erklären. Ich kann nur spüren, wie es langsam in mir hochkriecht. Wie es meine Gedanken beeinflusst. Obwohl mich dieses Gefühl plagt, gehe ich in die Schule. Der Wind fegt durch die menschenleeren Straßen. Er mischt sich mit meinem Unbehagen. Jeder Schritt fühlt sich schwer an. Mit jedem Schritt werde ich langsamer und mein Zögern wird größer. Ich wandere durch die Straßen, solange bis endlich mein Schulgebäude vor mir steht. Heute sieht es größer aus, angsteinflößender. Die Eingangshalle ist genauso leergefegt wie die Straßen, durch die ich gegangen bin. Ich gehe den Weg, den ich immer gehe. Keine Menschenseele weit und breit. Wieso ist hier niemand? Meine Augen suchen nach Menschen, doch sie finden nichts bis auf die Reflektion eines leuchtend roten Augenpaares, dass sich direkt hinter mir befindet. Ich will schreien, aber ich kann nicht. Langsam drehe ich mich um. Nichts blickt mich an. Dieses unbekannte Gefühl fängt nun an immer stärker zu werden. Es erdrückt mich. Es beißt sich in meine Gedanken und es würde nicht mehr loslassen. Habe ich mir dieses Augenpaar nur eingebildet? Ich will einfach nur noch gehen, aber die Stille wird plötzlich mit Geräuschen gefüllt. Ein Flüstern, ein heiseres Lachen, entfernte Schritte, die sich schnell näherten und mich fast mit sich reißen. Ich habe es mir nicht nur eingebildet. Es kann mich sehen, aber ich kann es nicht sehen. Es kann meinen Herzschlag hören, so nah ist es jetzt. „Wieso kann ich dich nicht sehen?“, frage ich in die wiederkehrende Stille. Keine Antwort. Kein Geräusch. Totenstille. Ich muss weg von hier. Ich laufe die Gänge entlang und ruckle an verschlossenen Türen. Ich kann nicht entkommen. Meine Panik wächst und ich beginne zu rennen. Entfernte Schritte kommen näher. Sie klingen langsamer, aber sie nähern sich rasend schnell. Es ist mir klar, dass sie mich einholen werden. Deshalb bleibe ich stehen. „Was bist du?“, schreie ich verzweifelt. Eine Stimme in meinem Kopf antwortet: „Ich bin das Gefühl, das du nicht erklären kannst. Ich bin jetzt ein Teil von dir.“ Es ist schon seit drei Uhr siebenundzwanzig da. Es hat mich mehr und mehr an sich gerissen. Bald bin ich es. Es gibt kein Entkommen. Doch eine Frage bleibt: Wer wacht als Nächstes um drei Uhr siebenzwanzig auf?